Unterrichtsgestaltung

Das Internet bietet eine Fülle bester Spielliteratur. Unterricht soll Spaß machen. JA. Die Kinder sollen/wollen was lernen. JA. Sie sollen/wollen nicht bloß Gitarre spielen, sondern sollen/wollen auch Noten können, am besten das Ausgesuchte vom Blatt spielen und und und. Motiviert in dieser Hinsicht sind alle. Die Eltern ebenso wie die Schüler. Selbst unsere Elektrogitaristen wollen, zumindest in den ersten Spielwochen noch, „die Sachen“ richtig lernen, d.h. auch sie wollen mit einem Lehrbuch, zugeschnitten für Elektrogitarre, beginnen.

Trotzdem. Unser Spiel und lernen in der Musikschule Ungeheuer ist ein Balanceakt. Anders als in der Schule gibt es keine Zensuren, kein „Druck“, kein Müssen und Sollen um irgendetwas zu erreichen. Das darf, das kann nicht sein. Andererseits wollen auch die Eltern den Erfolg sehen bzw. hören. Sie wollen das mit Recht, denn schließlich ist das Gebotene nicht kostenfrei. Bloße Unterhaltung, das will niemand; sich hinsetzen und üben oder als Elternpart den Unterricht unterstützen, ist aber gleichfalls nicht jedermanns/frau Sache, wie man sagt.

Einen guten Lehrer kann niemand ersetzen; auch nicht die besten Videos von "youtube" oder sonstige "tabs" vom Internet. Dergleichen liefert (beste) Spielliteratur. Nicht mehr, nicht weniger. Die Umsetzung oder das Ganze hingegen ist mehr als nur das Übertragen von Zahlen aufs Griffbrett. Sowas funktioniert eine zeitlang. In der Regel nicht länger als 3-4 Wochen. Hernach ist die Luft raus. Man probiert dies, man probiert jenes, alles scheint gleichermaßen spannend wie wichtig zu sein und ist es auch bestimmt, doch nicht jetzt, auf diesem Spielniveau(=können) auf dem man sich befindet. Doch wer kann jenes richtig einschätzen? Wer vermag gleichzeitig Schüler und sein eigener Lehrer sein? Zumeist, bei Anfänger immer, ist das ausgesucht Gewollte viel zu schwer. Es fehlt für die richtige Selbsteinschätzung der Überblick, der Durchblick sowieso. Die Stücke werden also, obwohl top präsentiert bzw. bearbeitet, gleichwohl mit der ganzen, naturgegebenen Anfangsmotivation, leider Gottes, ruiniert, statt neu, aufbauend und auf eigene Weise interpretiert. Das Ganze macht darum schon nach wenigen Wochen und wildem Kreuz-und quergeübe „plötzlich“ keinen Spaß mehr. Die Gitarre wird immer früher weggestellt, immer weniger hervorgeholt und irgendwann dann weggepackt, bereitgehalten für die nächste Generation, die’s hoffentlich besser, geschickter anzugehen versteht, die kurz gesagt: professionellen Unterricht nimmt.

Ein guter Lehrer, sag/schreibe ich, ist unersetzbar. Ein guter Lehrer vermittelt, jongliert: Er hat einen Plan und ist zugleich offen für das, was in jeder Spielstunde an neuen Wünschen, Möglichkeiten kommt, vom Schüler zur Sprache gebracht wird. Dessen Lern- und Spielverhalten lässt sich, anders formuliert, nicht vorausberechnen. Es stimmt tatsächlich: Jeder Schüler will und braucht anderes um das Gewollte zu packen. Jeder geht seinen eigenen Weg. Zwischen Lehrer und Schüler entsteht/entwickelt sich so eine Art Pakt, bei dem der eine das WAS und der andere das WIE bestimmt; auch *grins* in umgekehrter Rollenverteilung. Beim Unterricht mit Kindern sind wir in der Regel zu dritt, ein Team, bestehend aus Schüler, Lehrer und Mutter/Vater. Unterricht kann nur gelingen, wenn zu Hause, das hier Gezeigte wiederholt wird. Mit einem „Geh in dein Zimmer und üb“, ist es nicht getan. Nicht bei Kindern. Beim Unterricht mit Kindern lernen die Eltern mit. Sie lassen sich’s zeigen: „Zeig mir ein „G“! Spiel mir die Melodie vor“, so betreuen die Eltern unseren Gitarrenunterricht.

Schülervorspiel Sommer 2008 Nach 7-8 Wochen ist dann soweit. Das erste Vorspiel findet statt. Zumeist wird die Oma, die Tante, der Patenonkel hierzu eingeladen. Öfters ist es jedoch so, dass jene noch andere mitbringen, so dass unser Vorspiel dann doch ein kleines Konzert wird; natürlich mit eigens dafür gestyltem Programmheft. Später wird alles auf userer Homepage dokumentiert (vergl. Menüpunkt: AKTIVITÄTEN). Unsere fortgeschrittenen Schüler erstellen inzwischen Videos ihrer Spielstücke, die wir gleichfalls ins Netz bringen. Warum nicht?

All unserem Tun liegt ein Lehrbuch zugrunde und alle Hausaufgaben schreiben wir d.h. ich bzw. meine Assistenten, die Eltern auf der Couch, ins Hausaufgabenheft. Alle Schüler der Musikschule Ungeheuer haben ein Lehrbuch und ein Hausaufgabenheft. Wir haben nicht ein Lehrbuch für alle, sondern verschiedene Schulen, je nach Alter, Können und gewählten Instrumententyp. Das hat sich bewährt. Ein Lehrbuch ist eine Art Sicherheitsnetz.

Jongliert jedoch wird nicht im Netz, sondern darüber.

Schon nach wenigen Stunden Unterricht bekomme ich „Zettel“ mit den Lieblingsliedern, bzw. die Älteren brennen mir diese auf CD. Die Schüler kümmern sich hierbei nicht um die Spielbarkeit. Das ist, wie ich zu sagen pflege, nicht ihr Job. Mir gewährt das Ausgesuchte einen Einblick in die Musikwelt des Schülers und ist eigentlich immer eine Bereicherung der eigenen. Vieles kenne ich nur durch meine Schüler. Die Auswahl, das, was für Unterricht passt, bestimme ich, was von Schülerseite bislang immer akzeptiert worden ist. Ich wähle aus dem Spielmaterial nicht bloß aus, sondern ich schneide, maßschneidere jenes auch für den Schüler zu. In der Regel heißt das: vereinfachen. Das von den Schülern Gehörte wurde nicht zu Unterrichtszwecken geschaffen und die Künstler, das wird vielfach unterschätzt, sind Könner, oft genial, auf alle Fälle: Meister ihres Instrumentes, mit hunderten von Übe- und Probestunden. Ich schaffe hieraus, aus dieser Fülle unterrichtstaugliche Spielliteratur.

Das ist, wie gesagt, ein Balanceakt; auch darum, weil wir auf unserem Seil ja auch vorwärtskommen, uns von Spielstück zu Spielstück weiterentwickeln, besser werden wollen d.h. die Sachen müssen immer ein wenig schwieriger sein, als jene zuvor oder gleichschwer zur Festigung des Gelernten oder leichter, zur Erholung, zum Kräfteschöpfen um etwas anzugehen, was erst in Jahren bewältigt werden kann, doch nur, wenn wir jetzt hierfür das Fundament legen. Das ist Unterricht; alles andere bloßes Geschwätz. Um dergleichen gerecht zu werden, braucht es, wie an anderer Stelle gesagt, Erfahrung, wozu auch Abstürze zählen. Es ist wahr: So mancher Schüler kommt/kam zu Fall, damit folgende richtig(er) geleitet werden, an gleicher, an ganz anderer Stelle. Wir werden immer besser. Wir sind nicht automatisch mit Ende unserer Lehrerausbildung auch Meister. Meister werden wir durch unsere Schüler, durch Unterricht.

© 2010 Musikschule Ungeheuer (Lingenfeld)